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Theo wir fahren nach Łódź
Wie sehr viele Regionen in Osteuropa war Łódź lange eine schrumpfende Stadt und hatte mit einer massiven Abwanderung vor allem junger Menschen zu kämpfen. Von rund 850.000 Einwohnern im Jahr 1988 sank die Zahl auf derzeit ungefähr 690.000. Ein gewaltiger Aderlass, der erst in jüngster Zeit gestoppt werden konnte. Da mittlerweile geschulte Arbeitskräfte auch in Polen gesucht werden und die wirtschaftliche Entwicklung steil nach oben zeigt, konnte der Wegzug der Stadtbevölkerung gestoppt werden.
Einstmals größte Textilmetropole Mitteleuropas
Łódź, einst die größte Textilmetropole Mitteleuropas, das Manchester des Ostens, musste sich in den vergangenen Jahrzehnten neu erfinden. Aufgrund der radikalen Umwälzungen und der Transformation nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Strukturen wurden die meisten Textilfabriken und Spinnereien geschlossen. Nach und nach wurden die altehrwürdigen Gebäude aus der Gründerzeit von Künstlern und Kreativen genutzt und es entstanden in diesem Zusammenhang viele alternative Cafes und Bars. Ganz bekannt ist hier das Gelände des OFF am südlichen Ende der Piotrkowska Straße. Als ehrgeiziges Vorzeigeprojekt gilt aber die Manufaktura, ein 27 Hektar großes Einkaufs- und Freizeitzentrum, das auf dem Gelände einer ehemaligen Textilfabrik entstand. Anstatt Spinnerei, Weberei und Baumwolllager finden sich hier heute Geschäfte, Tanz- und Bowling-Zentren, Restaurants, Kinos, Fitness-Studios, Cafés und ein Theater.
Eine Stadt im rasanten Wandel
Ein auf dem Dach der Spinnerei gelegener ehemaliger Löschwasser-Tank dient heute als Panorama-Swimmingpool eines bekannten Luxushotels. Im Gebäude der einstigen Weberei findet sich das MS2, eine Niederlassung des Museum Sztuki, eines Avantgarde-Museums für moderne Kunst, das man unbedingt besuchen sollte. Es ist nicht das einzige Museum auf dem Areal. Wer will, kann im Fabrikmuseum im Gebäude der ehemaligen Textildruckerei einen Webstuhl in Aktion erleben. Und er kann im nahe gelegenen Palast von Izrael Poznanski, dem Gründer und ursprünglichen Besitzer der Fabrik, die Stadtgeschichte erkunden und erahnen, wie prunkvoll die Textilfabrikanten einst lebten.
Aufbruch in eine neue Urbanität
Łódź war ursprünglich eine im quadratischen Stil angelegte Fabrikstadt – mit einer Prachtstraße, die noch heute das Herz der Stadt bildet. In der Piotrkowska bauten reiche Fabrikbesitzer und Kaufleute ihre Häuser, hier entstanden elegante Hotels, wie das 1888 eröffnete Hotel Grand. Viele Fassaden sind saniert und erstrahlen im alten Glanz der Gründerzeit. Wer dann zu Fuß durch die Piotrkowska-Straße flaniert, kann den Rückweg mit einer der vielen Fahrradrikschas antreten. Das in Lodz eine neue Urbanität Einzug hält, zeigen auch die vielen übergroßen Wandgemälde an den alten Häuserfassaden, die von Graffiti-Künstlern aus aller Welt erstellt wurden. Eines der Markantesten stellt ein hölzernes Segelschiff dar – denn Łódź heißt aus dem Polnischen übersetzt genau das: Schiff oder Boot.
Die ehemalige Textilfabrik von Zygmunt Jarocinski
Die ehemalige Textilfabrik befindet sich in Łódź. Die erste Bebauung fand schon zwischen 1880 und 1883 statt, bevor Zygmunt Jarocinski als Unternehmer in Erscheinung getreten ist. Am 3. Oktober 1888 hat die Verwaltungsbehörde in Piotrkow Trybunalski den Antrag für den Ausbau des Gebäudekomplexes zu einer mechanischen Weberei bewilligt.
Der zuständige Stadtarchitekt war Hilary Majewski und der leitende Ingenieur war Andrzej Mitropow. Die Hauptweberei wurde von der Nord- und Westseite erweitert dadurch vergrößerte sich der Bereich dreifach.
Die Familie Jarocinski gelangte in Łódź als bekannte Industriellen-Familie zu Ruhm und Reichtum. Die Textilfabrik war eine der modernsten Fabriken der damaligen Zeit und ist heutzutage von großem architektonischen Wert, nicht nur als eine der am besten erhaltenen Beispiele der damaligen Industriearchitektur. Sichtbar unter anderem an dem charakteristischen Turm mit den monumentalen Gebäuden sowie der dazugehörigen Lagerhallen.
Seit Beginn des Jahres 2008 ist die Textilfabrik geschlossen. In diesem Jahr wurde das Gebäude außerdem unter Denkmalschutz gestellt. Der Gebäudekomplex ist ein Paradies für Lost Places Fotografen. Das gesamte Areal bieten einzigartige Motive für Liebhaber des morbiden Charme verlassener Industrieobjekte.