Projekt Riese Polen – Die Entscheidung am Wolfsberg
Im Sommer 1943 rollten mehrere Militärfahrzeuge und dunkle Limousinen mit Offizierswimpeln durch die Täler am Fuß des Eulengebirges in Niederschlesien. Ihr Ziel: der bewaldete Hang unterhalb des Wolfsbergs, einem abgelegenen Felsmassiv, das damals nur wenige kannten.
Aus den Fahrzeugen stiegen hochrangige Offiziere der Wehrmacht, der Luftwaffe und der SS. Neben ihnen erschienen mehrere Männer in perfekt sitzenden, zivilen Maßanzügen – Experten, Ingenieure, Planer. Sie sprachen kaum. Auf den Motorhauben wurden Karten ausgebreitet, Linien gezogen, Gelände vermessen. Stundenlang diskutierten sie im Halbschatten des Waldes – unbeobachtet, streng abgeschirmt.
Die Bewohner der umliegenden Dörfer sahen nur, wie die Wagen kamen – und wieder verschwanden. Niemand erfuhr, was genau an diesem Tag beschlossen wurde. Doch dieser Moment war der Auftakt zu einem der größten und bis heute rätselhaftesten Untertagebauprojekte des Zweiten Weltkriegs.
Die Anlage Wolfsberg – Ein Labyrinth im Berg
Nur zwei Wochen später trafen Kolonnen von Arbeitern ein. Bauunternehmen aus Breslau wurden beauftragt – offiziell über die „Schlesische Industriegemeinschaft A.G.“. Unauffällige Waldwege wurden verbreitert, Baracken errichtet, Stacheldraht gespannt. So nahm die „Oberbauleitung Riese“ ihre Arbeit auf. Das, was hier entstehen sollte, war kein gewöhnliches Tunnelprojekt. Es war riesig, strategisch und streng geheim.

Warum Projekt Riese entstand
Im Jahr 1943 hatte sich der Krieg zugunsten der Alliierten verschoben. Die Invasion in Italien, der Druck auf den Westen und die verheerenden Bombardierungen deutscher Städte führten in Berlin zu einer klaren Entscheidung: Die politische Führung, militärische Befehlsstellen und Teile der Rüstungsindustrie sollten unter die Erde verlegt werden. Bombensicher, unsichtbar, unangreifbar. Dafür wählte man das Eulengebirge – abgelegen, schwer zugänglich, leicht zu tarnen. Projekt Riese war geboren.
Der Komplex Wolfsberg liegt auf der östlichen Seite des Massivs, oberhalb des Dorfes Jugowice. Was hier in den Fels getrieben wurde, ist monumental: vier große Stollen mit Längen zwischen 180 und 240 Metern, verbunden durch ein Netz aus rechtwinklig verlaufenden Gängen und Hallen. Besonders eindrucksvoll ist eine große Halle mit einer Länge von rund 50 Metern, acht Metern Breite und zehn Metern Höhe. Ein 40 Meter tiefer Transportschacht führt zur Oberfläche – ein logistisches Rückgrat der Arbeiten. Insgesamt misst das erschlossene Gangsystem etwa drei Kilometer.

Sollte hier die Rüstungsindustrie in den Untergrund verlagert werden?
Viele Abschnitte stehen heute unter Wasser. Ohne Schlauchboot oder Wattausrüstung sind manche Räume nicht erreichbar. Über eine „zweite Ebene“, die sich angeblich unterhalb der heutigen Gänge befinden soll, wird viel spekuliert. Doch konkrete Hinweise gibt es nicht. Auch die Erzählung, dass hinter dem Hallenende verschüttete, fertig ausgebaute Bereiche liegen, hält einer Untersuchung nicht stand. Vermutlich entstanden viele ungewöhnliche Vortriebe deshalb, weil es zwar viele Arbeitskräfte, aber zu wenig Sprengstoff gab.
Wer diese Anlage heute besucht, sieht jedoch nicht nur Beton und Granit. Man sieht Reste von Baracken, Fundamentlinien, Zementsäcke, die im Regen zu steinernen Skulpturen geworden sind. Oberirdisch verlief einst eine Lorenbahn – heute fast vollständig verschwunden. Es ist ein Ort, an dem das Sichtbare und das Unsichtbare nebeneinanderliegen.
KZ Groß Rosen – Menschen im Schatten der Stollen
Unsichtbar ist vor allem das Leid. Projekt Riese wurde von KZ-Häftlingen, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen errichtet. Viele kamen aus dem Konzentrationslager Groß-Rosen, andere aus besetzten Gebieten Osteuropas. Sie arbeiteten in Dunkelheit, Staub, Kälte, unter ständiger Gewalt und völliger Entbehrung. Viele überlebten die Arbeit im Berg nicht. In den Fels dieser Gänge ist nicht nur Sprengkraft, Beton und Technik gebunden – sondern Menschenleben.
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Die ungelösten Fragen von Wolfsberg
Heute ist ein Teil des Wolfsbergs touristisch erschlossen und kann besucht werden. Doch wer den Berg betritt, sollte nicht nur Rätsel suchen oder Mythen. Sondern begreifen, was hier geschah. Riese ist kein Abenteuerpark. Es ist ein Mahnmal. Ein Ort, an dem man innehalten sollte.
Der Wolfsberg erinnert uns daran, dass industrielle Größenwahn und Menschenverachtung keine abstrakten Begriffe sind. Sie sind Stein, Schweiß, Blut und Staub. Sie sind gebaut worden. Und man kann sie betreten.

Fazit: Wolfsberg – Ein Ort, der Geschichte einatmet
Die Anlage Wolfsberg im Eulengebirge, Niederschlesien, ist kein Lost Place wie jeder andere. Sie ist ein Schlüssel zu einem der letzten großen Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs. Zwischen Beton, Stollen und Berg verschmelzen hier Technik, Geschichte und menschliches Leid zu einem rätselhaften Ganzen.
Wer diese verborgene Welt des Projekts Riese erleben will, kann sie nicht nur sehen – man kann ihr folgen.
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Standort: Wolfsberg, Eulengebirge, Niederschlesien, Polen
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