Inhaltsübersicht
Trump will Grönland kaufen: Die Geschichte einer Kolonialisierung
Vor kurzem sorgte Donald Trump mit seinem Vorschlag, Grönland zu kaufen, für Schlagzeilen. Doch die dänische Verbindung zur größten Insel der Welt begann schon 300 Jahre zuvor – dank eines hartnäckigen Pastors und seiner Mission, verschollene Wikinger zu finden. Was Hans Egede auf Grönland wirklich vorfand und wie seine Ankunft das Schicksal der Insel für immer veränderte, erfährst du hier.
Grönland, die größte Insel der Welt, hat eine bewegte Geschichte – und die Verbindung zu Dänemark führt auf einen evangelischen Pastor zurück. Hans Egede, ein Mann, der weder vor gefährlichen Expeditionen noch vor widrigen Lebensumständen zurückschreckte, legte 1721 den Grundstein für Dänemarks Anspruch auf die Insel. Doch wie kam es dazu, dass der Pfarrer aus Norwegen eine Reise antrat, die nicht nur sein Leben, sondern auch das Schicksal Grönlands entscheidend prägte?
Eine beschwerliche Reise ins Unbekannte
Im Jahr 1721 bricht Hans Egede mit seiner Frau, seinen Kindern und 40 Gefolgsleuten von Bergen, Norwegen, auf. Ihr Ziel: Grönland. Mit dem Dreimaster Haabet (die Hoffnung) segelt die Gruppe monatelang durch den Nordatlantik. Eisberge, Stürme und beißende Kälte machen die Reise zur Tortur. Die Passagiere hungern und frieren, doch Egede hält an seiner Mission fest.
Warum er all das auf sich nimmt? Der Pastor hatte einst eine beschauliche Pfarrstelle auf den Lofoten inne. Dort, in der rauen Einsamkeit Norwegens, kam ihm die Erinnerung an alte Schriften: Berichte über christliche Siedler in Grönland, die vor Jahrhunderten Kirchen und Klöster errichtet haben sollen. Doch seit Mitte des 15. Jahrhunderts fehlte jede Spur von ihnen. Egede war überzeugt, es sei seine Pflicht, nach diesen Siedlern zu suchen und ihr Schicksal zu ergründen.
Die Legende von unermesslichem Reichtum
Die Geschichten über Grönland hatten es in sich: Der Wikinger Erich der Rote soll um das Jahr 985 isländische Bauern in die Südwestfjorde geführt haben. Vier Jahrhunderte überlebten die Siedlungen, bevor der Kontakt zur Außenwelt abriss. Es kursierten Gerüchte über Nordmänner, die tief im Landesinneren Grönlands in Reichtum lebten. Diese Erzählungen hatten auch Egede gehört – und sie ließen ihn nicht mehr los.
Mit dieser Vision reiste der Pastor nach Kopenhagen und bat König Frederik IV., ihn nach Grönland ziehen zu lassen. Der Monarch stimmte zu, und Egede begann seine Suche nach den verschollenen Wikingern.
Eine andere Realität
Am 3. Juli 1721 erreicht Egede mit seiner Gruppe eine kleine Insel vor der grönländischen Küste. Nebel und Regen empfangen die Reisenden – ein ungemütlicher Auftakt. Egede tauft die Insel auf den Namen Haabets Ø (Hoffnungsinsel), doch von den erhofften Siedlern fehlt jede Spur. Stattdessen trifft er auf das Volk der Inuit.
Egede schildert seine ersten Eindrücke der Inuit in Berichten, die aus heutiger Sicht befremdlich wirken. Er beschreibt sie als friedlich, aber in seinen Augen bedurften sie einer “Zivilisierung ihrer Seelen”.
Ein neuer Anfang
Egede bleibt. Er errichtet eine Kirche, eine Walfangstation und gründet eine Siedlung, aus der später die heutige Hauptstadt Nuuk entstehen sollte. Seine Mission – die Christianisierung der Inuit – verfolgt er mit unerschütterlichem Eifer. Dabei passt er sogar das Vaterunser an die Lebensrealität der Inuit an: Aus “Unser täglich Brot gib uns heute” wird “Unseren täglichen Seehund gib uns heute”.
Die Auswirkungen
Hans Egede fand weder Wikinger noch ihre Reichtümer, doch seine Ankunft in Grönland markierte den Beginn der dänischen Kolonialisierung. Die ursprüngliche Motivation – der Kontakt zu den legendären Wikingern – wich bald wirtschaftlichen und politischen Interessen. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts hatte Dänemark die Kontrolle über Handel und Leben auf der Insel übernommen.
Eine ambivalente Erinnerung
Heute wird die Rolle von Hans Egede kritisch betrachtet. Seine Statue in Nuuk wurde 2020 mit der Aufschrift “Decolonize” beschmiert, und die Feierlichkeiten zum 300. Jahrestag seiner Ankunft wurden abgesagt. Für viele Grönländer symbolisiert Egede die Kolonialisierung und die Zerstörung ihrer Kultur.
Hans Egede mag von Geschichten über die Vergangenheit nach Grönland gelockt worden sein, doch seine Expedition hatte eine weitreichende Bedeutung für die Zukunft. Seine Vision und die daraus resultierende Kolonialisierung prägen die Beziehung zwischen Grönland und Dänemark bis heute.