Chronik von Tschernobyl: Hinter den Kulissen der Katastrophe

Fotoexpedition Tschernobyl

Wie kam es zur Reaktorkatastrophe in Tschernobyl?

Am 26. April 1986 ereignete sich im Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl in der Ukraine der bisher folgenschwerste Unfall in der Geschichte der Kernenergie. Die Hauptursachen dieser Katastrophe waren schwerwiegende Konstruktionsmängel im Aufbau des sowjetischen Reaktortyps RBMK sowie eklatante Defizite in der Sicherheitskultur. Aufgrund der extremen Temperaturen verbogen sich die Brennstäbe und passten nicht mehr in die dafür vorgesehenen Einschublöcher. Dies führte zu einer initialen Explosion, bei der Teile des Reaktors und des 64 Meter hohen Reaktorgebäudes zerstört wurden. Als dramatische Konsequenz entzündete sich der Graphitmantel des Reaktors. Unsere Expedition führt uns nun tief in die Geschichte dieses tragischen Ereignisses und gewährt einen einzigartigen Einblick in das Innere des Kernkraftwerks in Tschernobyl.

Tschernobyl Schaltraum - Die Stille nach der Stilllegung
Ein eindringliches Bild zeigt die verlassenen Reaktorblöcke von Tschernobyl nach ihrer Stilllegung. Im Oktober 1991 wurde der Block 2 nach einem Brand außer Betrieb genommen, gefolgt von Block 1 im November 1996 und schließlich Block 3 im Dezember 2000.

Ein Besuch im Inneren des Kernkraftwerks in Tschernobyl

Während unserer letzten Expedition nach Tschernobyl und Prypjat erlebten wir eine faszinierende Führung durch die Gebäude und das ausgedehnte Gelände des Atomkraftwerks Tschernobyl. Nach einem sorgfältigen Sicherheitscheck und einer detaillierten Einweisung begaben wir uns ausgestattet mit weißen Kitteln, Kopfbedeckungen und firmeneigenen Dosimetern durch mehrere Sicherheitsschleusen und schier endlose Flure zum Kontrollraum im Block 2.

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Es gilt an vielen Stellen im Kraftwerk ein Fotografierverbot, welches von zahlreichen Sicherheitskräften streng überwacht wird. Die Atmosphäre lockerte sich jedoch merklich, als wir den sogenannten „goldenen Korridor“ erreichten. Dieser erhielt seinen Namen aufgrund der goldenen Aluminiumplatten, die nach 1986 hier eingebaut wurden, um die Reinigung zu erleichtern. Begleiten Sie uns auf unserer Reise entlang dieses symbolträchtigen Korridors zu den faszinierenden Turbinenräumen.

Strahlenmessung in der Pumpen- und Turbinenhalle
Ein Dosimeter misst die Strahlung in der Pumpen- und Turbinenhalle des Atomkraftwerks Tschernobyl. Hier zeigt sich die beeindruckende, wenn auch beunruhigende, Erinnerung an die nukleare Vergangenheit

Entlang des goldenen Korridors zu den Turbinenräumen

Der goldene Korridor, eine imposante Passage von beinahe einem Kilometer Länge, zieht sich durch sämtliche Kraftwerksblöcke und findet seinen Höhepunkt im mächtigen Sarkophag des Block 4. An einer markanten Tür, flankiert von einem Telefon, hält unser Guide inne, kündigt uns an, und führt uns durch eine weitere Tür in den Kontrollraum des Block 2. Interessanterweise ist dieser Kontrollraum baugleich mit demjenigen des havarierten Block 4.

Unsere Entdeckungsreise führt uns weiter zur Pumpen- und Turbinenhalle. Hier zeigte unser Dosimeter eine Strahlung bis auf das beeindruckende Niveau von 300 mSv/h (zum Vergleich: Die durchschnittliche Strahlung in Berlin beträgt lediglich 0,20 mSv/h). Während wir eine Wand mit einer roten Sicherheitstür passierten, wurde uns bewusst, dass diese uns vom Block 4, der 1986 zerstört wurde, trennte.

In unmittelbarer Nähe stießen wir auf ein Denkmal für Valery Chodemczuk, der tragischerweise hier sein Leben verlor, und dessen Körper nie gefunden wurde. Im mittlerweile stillgelegten Kraftwerk sind nach wie vor zahlreiche Menschen tätig. Auf dem Außengelände setzen Arbeiter aus aller Welt ihre Kräfte zusammen, um den neuen Sarkophag zu errichten, der seit 2017 den havarierten Block 4 schützen soll.

Der Goldene Korridor in Tschernobyl
Der goldene Korridor erstreckt sich über fast einen Kilometer und führt durch sämtliche Kraftwerksblöcke, bevor er im beeindruckenden Sarkophag des Block 4 sein Ende findet.

Wie war das Atomkraftwerk mit sowjetischer RBMK Technik aufgebaut?

Auf dem Gelände des Atomkraftwerks Tschernobyl waren im Jahr 1986 vier Reaktorblöcke in Betrieb, während zwei weitere noch im Bau waren. Die Blöcke 1 und 2 wurden 1977 bzw. 1978 in Betrieb genommen, gefolgt von den Blöcken 3 und 4, die 1981 bzw. 1984 ans Netz gingen. Die Blöcke 5 und 6 befanden sich noch im Bau und sollten 1986 bzw. 1988 in Betrieb genommen werden.

Die Reaktoren waren vom Typ Graphitmoderierter Druckröhren-Siedewasserreaktor (RBMK-1000) mit einer elektrischen Leistung von jeweils 1.000 MW. Das besondere Reaktordesign beinhaltete zwei Kühlmittelkreisläufe, um die Wärme von jeder Reaktorhälfte abzuführen. Dieser Reaktortyp wurde exklusiv auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR gebaut und betrieben. Insgesamt befanden sich etwa 1700 Brennstäbe in separaten Druckröhren, im Gegensatz zu anderen Kernreaktoren, bei denen die Brennstäbe in einem großen Druckbehälter untergebracht sind.

Der Auslöser für die Zerstörung am Reaktorblock 4 war eine nukleare Leistungsexkursion, die am 26. April 1986 aufgrund technischer Fehler und menschlicher Fehlentscheidungen ausgelöst wurde. Ein verspäteter Test zur Simulation eines vollständigen Stromausfalls führte zu Bedingungen, die weit über den zulässigen Betriebszustand des Kraftwerks hinausgingen. Dieser Test sollte zeigen, dass die auslaufenden Turbinen genügend Strom erzeugen könnten, um das Kühlsystem und die Sicherheitssysteme im Reaktor am Laufen zu halten, bis die Notstromaggregate aktiviert würden. Fehlentscheidungen des Personals und technische Fehler während dieses Tests führten letztendlich zu einer Explosion und der katastrophalen Zerstörung des Reaktorblocks 4.

Blick in den Kontrollraum des Block 2 von Tschernobyl - Reaktorkatastrophe
In diesem Bild gewährt ein Blick durch eine Tür Eintritt in den Kontrollraum des Block 2 von Tschernobyl. Dieser Raum ist baugleich mit demjenigen im havarierten Block 4.

Was war der Auslöser für die Zerstörung am Reaktorblock 4?

Am Samstag, den 26. April 1986, ereignete sich aufgrund technisch bedingter Baufehler und menschlicher Fehlentscheidungen eine verheerende Explosion im Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl. Ursächlich für dieses katastrophale Ereignis war eine nukleare Leistungsexkursion, die ihren Anfang in einem verspäteten Test nahm. Dieser Test sollte die Stabilität des Kraftwerks unter vollständigem Stromausfall simulieren.

Die Zielsetzung dieses Tests war es, zu zeigen, dass die auslaufenden Turbinen des Dampfgenerators ausreichend Strom erzeugen könnten. Dieser sollte das Kühlsystem und die Sicherheitssysteme im Reaktor betriebsbereit halten, bis die Notstromaggregate aktiviert werden würden. Dieses Szenario sollte sowohl den Fall eines Stromausfalls innerhalb des Kraftwerks Tschernobyl als auch außerhalb simulieren.

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Bedauerlicherweise führten Fehlentscheidungen seitens des Personals und technische Fehler während des Tests zu einer verheerenden Explosion. Diese führte nicht nur zur Zerstörung des Reaktorblocks 4, sondern hatte auch weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Menschen in der Region. Als Konsequenz wurden alle Reaktorblöcke in Tschernobyl stillgelegt, und die Region steht seitdem im Zeichen eines umfassenden Rückbaus und der Bewältigung der Folgen dieser tragischen Nuklearkatastrophe.

Alle Reaktorblöcke in Tschernobyl sind stillgelegt

Wie sich später herausstellte, wurde der Versuch unter Bedingungen durchgeführt, die weit über den zulässigen Betriebszustand des Kraftwerks hinausgingen. Dabei handelte es sich nicht nur um bauartbedingte technische Fehler, die die Katastrophe von Tschernobyl auslösten, sondern vor allem um Fehlentscheidungen des Personals.

Die Reaktorblöcke von Tschernobyl sind heute allesamt stillgelegt. Im Oktober 1991 wurde der Block 2 nach einem Brand außer Betrieb genommen. Die Stilllegung von Block 1 erfolgte im November 1996, und schließlich wurde der Block 3 im Dezember 2000 endgültig stillgelegt. Diese Maßnahmen waren notwendig, um die Sicherheit zu gewährleisten und weitere Risiken im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk zu minimieren. Die Ereignisse von Tschernobyl haben nicht nur zu einem Umdenken in der Atomenergiepolitik geführt, sondern auch zu umfangreichen Anstrengungen im Bereich der nuklearen Sicherheit und Umweltschutz.

Arbeiten am neuen Sarkophag über dem Reaktorblock 4 in Tschernobyl
Arbeiter aus aller Welt setzen ihre Kräfte zusammen, um den neuen Sarkophag zu errichten, der seit 2017 den havarierten Block 4 von Tschernobyl ummantelt.

Sehen und verstehen – Eine Reise mit Urbexplorer

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