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Die vergessene Geschichte: Auf den Spuren der Papierfabrik Wolfswinkel
Im Jahr 2015 begaben wir uns auf eine faszinierende Reise in die Vergangenheit, tief im Finowtal verborgen – eine Lost Places Tour führte uns zur geheimnisvollen Papierfabrik Wolfswinkel. Die düsteren Mauern und verlassenen Maschinen erzählen eine Geschichte, die 265 Jahre lang die Industrielandschaft prägte.
Das beeindruckende Ensemble der erhaltenen Gebäude wird von weitem vom imposanten Wasserturm überragt. Obwohl das Gelände nicht öffentlich zugänglich ist, gewährt die gegenüberliegende Finow-Seite einen atemberaubenden Blick auf die einstige Industriehochburg.
Die Anfänge und der Aufstieg
Die Ursprünge reichen bis ins Jahr 1728 zurück, als bei Heegermühle eine Königliche Papiermühle entstand. Nach Zerstörung im Siebenjährigen Krieg fand sie 1760 ihren Weg zum heutigen Standort Wolfswinkel. Die eigentliche Produktion begann 1765, doch es dauerte bis 1834, als mit einer englischen Papiermaschine die industrielle Ära in Wolfswinkel begann.
Unter der Leitung von Johann Friedrich Nitsche erlebte die Mühle ab 1812 wirtschaftliche Blüte. In den folgenden Jahren wechselte die Fabrik mehrmals den Besitzer, bis 1865 Karl Marggraff die Papierfabrik übernahm und zu einer Vorzeigeeinrichtung mit hoher Produktionskapazität formte.
- Wiechmann, Daniel (Author)
Die Entstehungsgeschichte
Die Wurzeln der Papiermühle Wolfswinkel liegen in den Trümmern der Heegermühle westlich von Eberswalde, die während des Siebenjährigen Krieges 1760 zerstört wurde. Die Entscheidung für den Standort “Wolffs-Winckel” am Finowkanal fiel, um den Wasserbedarf sicherzustellen. Daniel Gottlieb Schottler erhielt 1762 königliche Bestätigung, die Mühle zu bauen und in Erbpacht zu nehmen.
Der Beginn der Produktion 1765 markierte den Neustart. Schottler errichtete Wohnhäuser, eine Mühle und Stallungen. 1767 wurde die Mühle in Erbpacht genommen. Technische Herausforderungen und der Versuch, zwei Mühlen zu betreiben, führten dazu, dass Schottler 1768 die Papiermühle an Johann Tobias Hantho verkaufte.
Die Herausforderungen der Produktion
Hantho konnte die Pflichtlieferungen an die Kurmärkische Kammer nicht erfüllen. Sein Papier litt unter minderwertigen Ressourcen und war von schlechter Qualität. 1790 verkaufte Hantho die Mühle an Josua Fournier. Dieser verbesserte die Papierqualität, musste jedoch weiterhin zu niedrigen Preisen an die Kurmärkische Kammer liefern.
Fournier verkaufte 1803 aus gesundheitlichen Gründen, und die Mühle ging durch verschiedene Hände, bis sie 1812 in den Besitz von Johann Friedrich Nitsche gelangte. Unter ihm erlebte die Fabrik eine industrielle Revolution mit dem Einsatz einer englischen Papiermaschine im Jahr 1834.
- Kaule, Martin (Author)
Die Blütezeit und Modernisierung im 19. Jahrhundert
Nitsche verstarb 1838, und das Erbe ging an seine Söhne und seine Witwe. Die Firma Nitsche konnte 1865 Carl Marggraff als Teilhaber gewinnen. Nach seinem Tod 1875 ging die Fabrik durch einen Konkurs, aber Marggraff kaufte sie zurück und führte sie unter “Marggraff und Engel Wolfswinkel”. In dieser Zeit erfolgte eine Erweiterung und Modernisierung der Fabrik, angepasst an die Bedürfnisse der Gründerzeit.
Im Jahr 1917 wurde die Papierfabrik an die Siemens-Schuckertwerke verkauft, und die Produktion wurde auf Kabelisolierpapier umgestellt. Trotz der Herausforderungen durch den Ersten und Zweiten Weltkrieg lief die Produktion bis April 1945. Danach begann die Demontage, bei der die meisten Anlagen von den Besatzungsmächten konfisziert und abtransportiert wurden. Die Papierfabrik Wolfswinkel wurde anschließend zum “Volkseigenen Betrieb Papierfabrik Wolfswinkel”.
Die Herausforderungen im 20. Jahrhundert
Nach dem Tod von Marggraff im Jahr 1917 wurde die Fabrik an die Siemens-Schuckertwerke verkauft. Die Produktion wurde auf die Bedürfnisse des neuen Eigentümers umgestellt, und es entstand eine Zeit des technischen Fortschritts. In den 1920er und 1930er Jahren wurden umfangreiche Bauarbeiten durchgeführt, um die Anlagen zu modernisieren und an die steigende Nachfrage anzupassen.
Die Produktion lief in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts trotz der Kriege weiter, endete jedoch im April 1945. Kurz darauf begann die Demontage, bei der nahezu die gesamte Ausstattung der Fabrik entfernt wurde.
Das Ende einer Ära
Die Papierfabrik Wolfswinkel in Eberswalde, einst ein stolzer Teil der industriellen Entwicklung, sah sich nach dem Zweiten Weltkrieg einem neuen Kapitel gegenüber. Trotz mehrerer Versuche, die Anlagen zu reaktivieren und den Betrieb fortzusetzen, blieb die Fabrik still und verlassen.
Im Jahr 1994 wurde der Betrieb schließlich eingestellt, und die ehemalige Fabrikantenvilla, einst ein Symbol des Wohlstands, brannte nur wenige Jahre später nieder. Das riesige Areal der Papierfabrik Wolfswinkel hat seitdem zahlreiche Planungen zur Nutzung erlebt, von einem “Künstlerdorf” bis hin zu exklusiven Mehrfamilienhäusern. Doch bisher blieb das Gelände ein stummer Zeuge vergangener Tage.
Eine Lost Places Tour durch die verlassene Papierherstellung
Die einstige Produktionsstätte, die einst weltweit für ihre handgeschöpften Papiere bekannt war, wartet nun darauf, von neugierigen Entdeckern erkundet zu werden. Die Geschichte der Papierfabrik Wolfswinkel, geprägt von Höhen und Tiefen, erzählt nicht nur von der industriellen Revolution, sondern auch von den Herausforderungen und Veränderungen im Laufe der Zeit. Wer weiß, welche Geschichten diese verlassenen Hallen noch bergen und welche Zukunft das einstige Herz der Papierproduktion erleben wird.
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